Zum Gedenken an die Opfer und Verfolgten der nationalsozialistischen "Gesundheits- und Fürsorgepolitik" in Herzogsägmühle 1934 – 1945
Rede zur Gedenkfeier am 19.11.2025
von Johann Rock, Vorstand Diakonie München und Oberbayern
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
ich darf Sie herzlich in Herzogsägmühle willkommen heißen. Ich freue mich, dass so viele Menschen heute hier sind, um gemeinsam der Opfer der NS-Sozial- und Gesundheitspolitik zu gedenken.
Wir stehen an einem besonderen Ort. Das Denkmal “Ort der Erinnerung” nennt die Namen von rund 430 Menschen, die während der Zwangsherrschaft der Nationalsozialisten in Herzogsägmühle aus mangelnder Versorgung zu Tode kamen oder die an anderen Orten, wie Heil- und Pflegeanstalten oder Konzentrationslagern, getötet wurden. Es erinnert an Menschen, die als “asozial” oder “berufsverbrecherisch” stigmatisiert, entrechtet und verfolgt wurden. Menschen, die ihrer Würde, ihrer Stimme und ihres individuellen Lebens beraubt wurden.
Hinter jedem Namen steht ein Mensch. Ein Mensch mit einer eigenen Geschichte, mit Hoffnungen, Fähigkeiten, Ängsten und Träumen. Das dürfen wir nie vergessen. Denn die NS-Gesundheitspolitik zielte nicht nur auf die Vernichtung von Leben, sondern auch auf die Zerstörung von Lebensgeschichten und gesellschaftlicher Teilhabe. Das Schweigen, das über viele Jahrzehnte folgte, war Teil dieser Entwürdigung.
Wir danken den Angehörigen, Mitarbeitenden, Jugendlichen und Engagierten aus der Region, die sich in verschiedenen Beiträgen an der Gestaltung der Gedenkfeier beteiligen und dazu beigetragen die Stimmen der Verfolgten sichtbar zu machen!
Gedenken bedeutet aber nicht nur, in die Vergangenheit zu schauen, sondern ist auch eine Aufgabe für die Gegenwart. Es erinnert uns daran, wachsam zu bleiben, wo Menschen heute erneut ausgegrenzt, entwertet oder in Kategorien eingeteilt werden.
Heute steht Herzogsägmühle für das Gegenteil dessen, was hier einst geschah: Für Vielfalt, Achtsamkeit und gelebte Würde jedes einzelnen Menschen.
Lassen Sie uns in diesem Geist gemeinsam erinnern und gedenken.
Vielen Dank.
19. November 2025, Lernort Sozialdorf Herzogsägmühle